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Alles Wildwuchs? Strategien gegen Hitze, Trockenheit und Starkregen

Von Grünflächenmanagement und Stadtgrün bis Gebäudetechnik

Als Folge des Klimawandels werden unsere Sommer zunehmend trockener und heißer. Hier im Oberrheingraben sind die Niederschläge zudem niedriger als in den benachbarten Regionen Odenwald, Pfälzer Wald und Westpfalz. Das hat damit zu tun, dass es in Gebirgen generell mehr regnet. Wir sind gezwungen, darauf zu reagieren und unser Verhalten zu ändern, wenn wir nicht viele unserer Bäume, Stauden und Sträucher verlieren wollen, die unser Kleinklima rund um die Häuser regulieren und zudem Rückzugsort und Lebensraum für die Tierwelt in der Stadt sind.

Wiesen, Bäume und Sträucher kühlen bei Hitze ihre Umgebung und wirken bei Starkregen wie ein Schwamm, der das aufkommenden Wasser aufsaugt. Deshalb ist es uns bei allem was wir tun wichtig, dass unsere Außenanlagen über viele Jahre mit wenig Aufwand genutzt und gepflegt werden, sie mit wenig Einsatz von knappen Ressourcen wie z.B. Wasser und Energie  und sie vielfältig und hindernisarm genutzt werden können. Aber nicht nur die Grünflächen, auch unsere Gebäude müssen auf die Veränderungen des Klimawandels eingestellt werden.

Die Stadtverwaltung Ludwigshafen erarbeitet aktuell ein Klimaanpassungskonzept. Darauf aufbauend ist ein Hitzeaktionsplan geplant. Im Hinblick auf die Anpassung an die Folgen des Klimawandels werden beispielsweise bei der Gestaltung/Sanierung von Stadtquartieren besondere Infrastrukturen vorgesehen, welche die Resilienz der neuen Stadtquartiere gegenüber Hitze- und Dürreperioden, sowie Starkregenereignissen erhöhen sollen. Dabei spielen Konzepte zur dezentralen Niederschlagsbewirtschaftung und eine wassersensitive Quartiersplanung eine wichtige Rolle.

Veränderte Pflege, andere Pflanzen, gezielter Einsatz von Wasser

Zitat: „Wir wissen nicht, ob das, was wir aktuell umsetzen in fünf Jahren noch richtig ist, aber wir sind zusammen mit anderen Experten auf der Suche nach immer neuen Lösungen“, Dagmar Wolpert und Markus Schmitt, GAG Grünflächenmanagement

Die GAG besitzt rund 600.000 qm Grünflächen mit rund 6.000 Bäumen. Durch die gestiegene Trockenheit in den letzten Jahren müssen unsere Experten vom Grünfächenmanagement umdenken. „Die Fläche, über die wir verfügen ist so groß, dass wir darüber wirklich einwirken können auf das Mikroklima in der Stadt. Dazu stehen uns mehrere Stellschrauben zur Verfügung, wie veränderte Pflegemethoden, andere Pflanzen und damit zusammenhängend auch eine gezielterer Umgang mit der Ressource Wasser“, so Garten- und Landschaftsplanerin Wolpert.

So werden mehr und mehr Pflanzungen und Pflegemethoden etabliert, die sich stärker an natürlichen Prozessen orientieren. Das Stichwort ist hier „extensive Begrünung“. Im Gegensatz zur „intensiven Begrünung“ ist diese für die Mieter deutlich kostengünstiger und gleichzeitig ökologisch wertvoller. Die Gartenbaufirmen mähen nur noch zweimal im Jahr. Statt Rasen wird, dort wo es möglich ist, Wiesesaat auf die Fläche eingebracht. Bleiben Gras, Blumen und Beikräuter über den Sommer stehen, schützt dies den Boden vor Austrocknung. Zudem sollten die Pflanzen verbleiben, bis verblüht sind, damit sie sich für das kommenden Jahr aussamen können, erst dann kann gemäht werden. An einigen Stellen bleiben die abgetrockneten Pflanzen auch stehen, um Nahrung und Brutstätte für Vögel, Insekten und andere Tiere zu bieten. „Der kurzgeschnittene Rasen, der auch im Sommer satt grün erscheint, weil er gedüngt und gewässert wird gehört der Vergangenheit an. Das können wir uns in Zeiten des Klimawandels nicht mehr leisten“, so Markus Schmitt.

Neben den Wiesenflächen stehen die Bäume besonders im Fokus. „Eine Folge der zunehmenden Trockenheit ist auch, dass nicht nur frisch gepflanzte, sondern auch alte Bäume, braune Blätter bekommen und gewässert werden müssen, um zu überleben“, so Dagmar Wolpert. Bei Neupflanzungen setzen die GAG-Experten deshalb auf so genannte „Klimabäume“, wie die Silberlinde oder die Robinie. Und auch bei den Beeten im Eingangsbereich gehen sie und ihr Kollege in Zusammenarbeit den beauftragten Firmen neue Wege. Dort, wo früher Rosen und Geranium wuchsen, kommen jetzt vermehrt trockenresistente Stauden zum Zug. Zudem achte man bei der Planung darauf, möglichst wenig Flächen im Wohnumfeld zu versiegeln.

Gebäude rüsten für den Klimawandel

„Was im Winter die Kälte draußen hält, eignet sich im Sommer auch dafür, um die Bewohner vor der Hitze zu schützen. Gleichzeitig ergreifen wir verstärkt Maßnahmen um aufkommende Starkregen sicher ableiten zu können“, Irina Kollert, Architektin

GAG-Planerin Irina Kollert steht auf dem Balkon einer Mietwohnung im obersten Stockwerk der Breitscheidstraße. Hier in Oppau-Nord liegt das aktuell größte Modernisierungsgebiet der GAG. In den letzten drei Jahren wurden hier bereits 144 Wohnungen fit für die Zukunft gemacht. In diesem Jahr sind es 24 Einheiten im Gebäuderiegel mit den Hausnummern 66 bis 72. Ein besonderes Augenmerk der Planer lag dabei auch auf der Nachrüstung des Verschattungssystems.

„Die Häuser hier wurden in den 60er Jahren erbaut. Rollläden hatte man damals nicht vorgesehen. Mit den zu erwartenden steigenden Temperaturen wird eine Außenverschattung für die Mieter jedoch immer wichtiger, damit sie ihr Wohnklima im Sommer regulieren können. Für uns als Planer lag die Herausforderung vor allem darin, die Markisen auf der neu gedämmten Fassade so unterzubringen, dass die Fenster- und Balkontüröffnungen nicht zu sehr beeinträchtigt werden“, sagt Kollert. Aktuell läuft jetzt der Testlauf mit einem sehr schlanken, solarbetriebenen System.

Bei den Häusern hier wurde neben der Fassade auch das Flachdach gedämmt und die Fenster und Balkontüren ausgetauscht. „Alles Maßnahmen, die das ganze Jahr über greifen. Der winterliche Kälteschutz ist gleichzeitig sommerlicher Wärmeschutz“, berichtet die Architektin. Blickt man vom Balkon aus Richtung Dach fällt zudem ein Rohr auf, welches parallel zur Regenrinne aus dem Dach austritt. Ein zusätzlicher Sicherheitsüberlauf, der bei Starkregen dafür sorgt, dass das hohem Wasseraufkommen auf dem Dach abfließen kann. Größere Sickergruben direkt an den Häusern ermöglichen zudem ein schrittweises Ableiten in das umliegende Erdreich.

Viele unserer Dächer von Gebäuden und Garagen werden zudem mit trockenverträglichen Pflanzen begrünt. Dies verringert die versiegelte Fläche und bietet auf kleinem Raum nochmal eine ganz andere Pflanzenwelt, die sich an Steingärten orientiert. Die Vegetation nimmt zusätzlich Wasser auf und bindet Schmutzpartikel aus der Luft.

Experimentierlabor Stadtgrün Ebertpark

Zitat: „Der unberechenbare Klimawandel und die schwindende Biodiversität fordern uns alle heraus. Wir befinden uns in einem ständigen künstlerischen und gärtnerischen Anpassungs- und Entwicklungsprozess“, so Harald Sauer, leitender Gärtnermeister Ebertpark

Beim Betreten des größten Parks unserer Stadt, dem Ebertpark, sehen Besucher zunächst die streng geometrische Beete, die um den Sternbrunnen verlaufen, umrahmt von grünen Rasenflächen. Die Beete werden zweimal jährlich wechselnd saisonal bepflanzt. „Klar, dass diese Bereiche nur mit intensiver Beregnung funktionieren. Aber das muss ja nicht überall im Park so sein“ sagt Harald Sauer, Chefgärtner des Ebertparks. In den letzten drei Jahrzehnten hat der 57-Jährige rund 7000 qm Pflanzungen, die in die Jahre gekommen waren, in ganz eigener Handschrift überarbeitet. Die steigende Hitze der letzten Jahre hat Harald Sauer dennoch einiges Kopfzerbrechen gekostet.

Schon bei der Planung, aber auch genauso im Pflegemanagement versucht er, seine Sicht auf die Pflanzungen und seine Ästhetik stetig weiterzuentwickeln. Es ist eine Kombination vieler verschiedener Maßnahmen, auf die der 57-Jährige setzt. So wurden Flächen, die intensive Bewässerung benötigen deutlich reduziert. Ehemalige Beete mit Ziergräsern, wurden in „Trockenhügel“ umgestaltet und so zu einem spannenden Experimentierfeld in Sachen Hitze- und Trockenheitsverträglichkeit. Besonders am Herzen liegen Sauer aber die sogenannten „Unkrautbeete“. In einem Waldteil ging er nach der Fällung von zwei Pappeln völlig neue Wege. Die meist als Unkräuter abgetanen Pflanzen, die hier dominierten, wurden nicht bekämpft, sondern integriert. Giersch, Kermesbeere und sogar Brennnesseln sind Partner und keine Feinde von konkurrenzkräftigen Stauden. „Diese heimischen Pflanzen verbessern enorm die Biodiversität im Park. Pflege ist hier trotzdem wichtig, um die Balance zu halten zwischen gewollter Gestaltung und gezähmter Wildnis“, so Sauer.

Die Pflege ist für ihn generell ein wichtiges und zentrales Element. So werden mehr und mehr Methoden etabliert, die sich stärker an natürlichen Prozessen orientieren. Teilflächen werden nur zweimal jährlich gemäht, so dass sich nach und nach Rasen zu Wiesen entwickeln können. Wiesen werden zudem im Park immer wichtiger und zahlreicher, um den Park resilienter und natürlicher zu gestalten, da der Rasen ein Klimaverlierer ist. Vermehrte und vielfältige Baum- und Strauchpflanzungen in den kommenden Jahren, sollen dabei helfen, den Park noch ökologischer und zukunftsfähiger zu machen. „Es ist wichtig den Park als komplexes System zu verstehen, das einen wichtigen Beitrag zum innerstädtischen Klima leistet“, so Sauer.

Ihr Beitrag zum Klimawandel: Gießen, gießen, gießen!

Helfen Sie mit, wenn es wieder trocken wird! Unser Wunsch ist es immer, unseren Mietern lebendige Grünflächen mit Erholungswert zu bieten. Dazu können auch Sie Ihren Teil beitragen. Sie als Mieter können den Bäumen und Stauden vor Ihrer Haustüre vor allem mit Gießen helfen.

  • Gerade ältere Bäume kann man kaum zu viel wässern. Und auch ein frisch gepflanzter Baum kann bei Trockenheit und Hitze während der Vegetationsperiode mit mehreren großen Gießkannen oder Eimern gewässert werden. Lieber langsam gießen. Kippt man das Wasser zu schnell an einen Baum, fließt es oft schnell oberirdisch ab oder spült Erde weg.
  • Wasser ist nicht teuer, inklusive der Abwassergebühr kostet ein Liter weniger als 1 Cent
  • der richtige Zeitpunkt ist wichtig: besser morgens oder abends gießen
  • lieber gezielt und durchdringend, als oft und wenig, so erreicht das Wasser auch die tieferliegenden Wurzeln